Die Erfahrungen von zwei geflüchteten Studentinnen im Podcast 

Ein Gastbeitrag von Dominique Ernst

In den letzten 15 Jahren hat sich die Zahl der Geflüchteten verdoppelt und wird auf rund 26,4 Millionen Menschen geschätzt. Die UNO hat sich als Teil der Agenda 2030 zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 der „gleichberechtigte Zugang aller Frauen und Männer zu erschwinglicher und hochwertiger technischer, beruflicher und tertiärer Bildung, einschließlich Hochschulbildung“, sichergestellt ist. Derzeit besuchen jedoch nur 3% aller Geflüchteten weltweit eine Hochschule. Zum Vergleich, bei Nicht-Geflüchteten studieren global 37%. 

In meiner Masterarbeit habe ich untersucht, inwiefern ein inklusives Hochschulumfeld für geflüchtete Studierende in der Deutschschweiz besteht. Dabei wurde klar, dass trotz neuer Projekte und Initiativen, die die Inklusion von geflüchteten Studierenden fördern, derzeit noch viele Hürden im Hochschulsektor bestehen. 

Im Podcast berichten zwei geflüchtete Student*innen über ihre Erfahrungen. Sie erzählen über ihren Weg zum Studium, welche Rolle die Ausbildung für sie spielt, was für Hindernisse überwunden werden müssen, und welche Veränderungen aus ihrer Sicht zu einem inklusiven Hochschulumfeld beitragen würden. Haben Sie einen Moment Zeit? Dann hören Sie hier in den Podcast rein: Zwei Geflüchtete Studentinnen und ihre Erfahrungen – Podcast

 

Um die Hindernisse für Geflüchtete beim Hochschulzugang zu vermindern, müssen verschiedene Akteur:innen beteiligt sein: Die für die Integration zuständigen Gemeinden und Organisationen, Sprachschulen, Hochschulen wie auch gemeinnützige Projekte. Natalia, eine Protagonistin im Podcast, führt dazu aus: “Ich denke, es muss von allen Institutionen und Akteuren und der Gesellschaft kommen. Wenn ein Land oder eine Gesellschaft inklusiv sein will, muss das von überall kommen. Wenn es also eine Universität ist, sollte es viel mehr Räume für Flüchtlinge geben. Es sollte Kurse und Themen geben, die nicht nur von Akademikern aus der Schweiz über postkoloniale Theorien gelehrt werden, sondern von Flüchtlingen, die das alles durchgemacht haben, es ist eine ganzheitliche Sache.” 

Damit Asylbewerber:innen ihr Potential hier einbringen können, ist es besonders wichtig, dass sie direkten Zugang zu Deutschkursen erhalten. Einige Geflüchtete können sehr schnell finanzierte Deutschkurse besuchen, während andere Personen lange darauf warten. Natalia schildert dazu: “Nach sieben Monaten in der Schweiz begannen wir mit A2, jeden Tag drei Stunden lang. Meine Deutschkurse wurden bis B2 bezahlt und selbst, wenn ich mit C1 weitermachen wollte, bin ich sicher, dass mein Sozialarbeiter etwas arrangieren würde. Ich habe immer eine Chance erhalten und bin sehr dankbar dafür. Aber mein Bruder und seine Frau haben nie eine Chance bekommen. Sie waren noch nie in einem offiziellen Deutschkurs. Sie sprechen Deutsch, weil sie von Freiwilligen unterstützt wurden, aber sie haben nie dieselbe Chance erhalten, wie meine Mutter.”

Zudem könnten zentrale Informationen über Hochschulen Informationsbarrieren abbauen. Ein Geflüchteter erklärt: “Die meisten Flüchtlinge wissen nicht, welche Rechte sie hier in der Schweiz haben. Ich glaube, das ist das grösste Problem für die Flüchtlinge. Einige von ihnen wussten zum Beispiel nicht, dass es Schnupperprogramme an Hochschulen gibt. Als ich mit ihnen gesprochen habe, habe ich ihnen gesagt, ihr könnt an die Universität gehen und euch das Bildungssystem in der Schweiz ansehen. Sie kennen das Recht hier nicht. Ich glaube, das ist das grösste Problem.”

An den Hochschulen wäre es hilfreich, weitere Brückenprogramme/angebote einzuführen, die es geflüchteten Studierenden ermöglichen, das Hochschulsystem kennenzulernen und sich für ein reguläres Studium zu immatrikulieren. Im Zulassungsprozess sollte mehr Flexibilität in Bezug auf die Anerkennung von Zeugnissen und Dokumenten gewährt werden. Eine weitere Hürde stellt die Finanzierung eines Studiums dar, weshalb beispielsweise das Stipendiensystem ausgebaut werden sollte, um geflüchteten Studierenden unabhängig von ihrem Asylstatus die Möglichkeit zu geben, ein Studium zu finanzieren.

Weiter wäre es wichtig, ein System zu etablieren, welches frühere Erfahrungen und Qualifikationen von Geflüchteten evaluiert. Der European Qualification Passport for Refugees ist ein Tool, das in Nachbarländern der Schweiz bereits zum Einsatz kommt, und die Hochschulbildung, Berufserfahrungen und Sprachkenntnisse von Menschen mit Fluchtbiografie beurteilt. Die Validierung ihrer Qualifikationen  würde Geflüchteten einen einfacheren Einstieg in den hiesigen Arbeitsmarkt ermöglichen.

 

Gemäss UNO hat jeder Mensch ein Recht auf Bildung. Um das Ziel der 2030 Agenda zu erreichen und somit 15 Prozent der Flüchtlingsbevölkerung den Zugang zu Hochschulbildung zu ermöglichen, ist es wichtig, Erfahrungen auszutauschen, um weiterzulernen. In meiner Masterarbeit geht es genau darum. Falls Sie Interesse haben, mehr über die Relevanz des Studiums für Geflüchtete sowie die verschiedenen Akteur:innen, die im Integrationsprozess tätig sind, zu erfahren, schauen Sie in meine Masterarbeit rein und kontaktieren Sie mich bei Fragen oder Interesse. Ich freue mich, von Ihnen zu hören! 

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Über die Autorin:

Dominique Ernst hat im Bachelor Internationale Beziehungen und im Master Internationale Entwicklung mit einem Fokus auf Migration studiert. Schon lange interessiert an den Perspektiven von Geflüchteten hat sie sich entschieden, im Rahmen ihrer Masterarbeit die Erfahrungen Geflüchteter im Hochschulbereich in der Deutschschweiz zu recherchieren. Sie ist ausserdem Mitglied bei SEET, einem Verein zur Förderung geflüchteter Frauen, die ihr Studium in der Schweiz (wieder-)aufnehmen wollen.

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